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Wirtschaftsmotor Innovation - Wege in die Zukunft

Wirtschaftsmotor Innovation mit dem Staatssekretär Dr. Severin Fischer

Fotos:  © Christian Schneider / RIK Berlin Südwest, Autor: Thorsten Murr

29. REGIOTALK VOM 19.05.2025 IM Gutshaus Steglitz

Wirtschaftsmotor Innovation - Wege in die Zukunft

  • Thema: Hindernisse und Herausforderungen für die Umsetzung von innovativen Konzepten in kleinen und mittelständischen Unternehmen
  • Ort: Gutshaus Steglitz
  • Fokus: Innovation in der Wirtschaft mit Künstlicher Intelligenz, Employee Experience und finanziellen Investitionen fördern
  • Ziel: praxisnahe Handlungsansätze zur Umsetzung von Innovation in der Wirtschaft
  • Praxisbeispiele: Innovationsförderung durch Employee Experience bei KNAUER Wissenschaftliche Geräte GmbH, Pre-Seed-Finanzierung von Start-ups von Business Angels, Innovationsförderung durch KI Tools wie deepfile 

KI in KMU ist im Kommen – was bringt uns das?

Der 30. RegioTalk widmete sich Innovationen und fokussierte auf Chancen und Risiken beim Einzug der Künstlichen Intelligenz in kleine und mittlere Unternehmen. 

Zur Eröffnung der mit über 40 aufmerksamen Teilnehmerinnen und Teilnehmern gut besuchten Veranstaltung charakterisiert Dr. Severin Fischer, Staatssekretär der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe von Berlin, den Innovationsstandort Berlin und betont dabei die Bedeutung des Zukunftsortes Berlin SÜDWEST, der sich als einer von elf vor allem durch die stark vertretenen universitären und weiteren wissenschaftlichen Einrichtungen auszeichne.

 Staatssekretär Fischer betonte, dass Berlin als führender Innovationsstandort Europas durch eine lebendige und international geprägte Start-up-Szene gekennzeichnet sei. Mit 5.000 Start-ups, dem dynamischsten Gründungsgeschehen bundesweit, fast 100.000 Arbeitsplätzen im Start-up-Ökosystem sowie einem internationalen Beschäftigtenanteil von über 42 Prozent sichere sich die Hauptstadt ihren internationalen Spitzenplatz. Auch die starke wirtschaftsnahe Forschung sowie ein innovativer Mittelstand trügen maßgeblich zu dieser Dynamik bei. „Kein anderer Standort schafft das – so geht ‚Made in Berlin‘“, so Fischer. Besonders verwies er auf die hohe Zahl an Ausgründungen aus der Wissenschaft.

 „Berlin ist Deutschlands KI-Standort Nummer eins mit 250 KI-Start-ups. Neben London und Paris sind wir auch europaweit ganz vorn. Klar ist aber: Eine vertrauenswürdige Künstliche Intelligenz ist die Grundlage für Europas digitale Souveränität. Wir brauchen KI, die sich verantwortungsvoll in unser ethisches Werteverständnis integrieren lässt.“ Dafür sei es unerlässlich, auch die erforderlichen infrastrukturellen Voraussetzungen zu schaffen – etwa durch den Aufbau einer leistungsfähigen Serverstruktur.

 

Transparent kommunizieren, um alle mitzunehmen

Wie sich Innovationen als Teil der Unternehmenskultur eines Mittelstandsbetriebes darstellen, erläutert Stefanie Schwaß, Projektmanagerin in der KNAUER Wissenschaftliche Geräte GmbH, einem etablierten Berliner Entwickler und Hersteller hoch technisierter Labor- und Messgeräte mit knapp 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Dafür betrachtet sie die Employee Experience – die Erfahrungen, die Menschen in ihrem beruflichen Wirkungskreis machen. Der Umgang mit Ideen bringe oft Schwierigkeiten mit sich. „Flexibilität von allen Beteiligten einzufordern, ist eine schwere Aufgabe“, sagt sie. Veränderungen müssten transparent kommuniziert werden. „Wenn Menschen wissen, warum bestimmte Entscheidungen getroffen werden, verlieren sie ihre Ängste, verstehen den Zusammenhang und können sich selbst einbringen.“  

 

Business Angels – mit privatem Geld und Leidenschaft 

„Business Angels investieren privates Geld in Start-ups“, erklärt Dr. Lutz Kettner, Vorstand des Business Angels Club Berlin-Brandenburg e.V., zu Beginn seines Beitrages. 74 Prozent aller Pre-Seed-Finanzierungen, also innerhalb der ersten Wachstumsphase, kämen in Deutschland heute von Business Angels. Im Gegensatz zur Venture-Capital-Finanzierung, bei der Geldgeber in spezielle Fonds investieren und nach zehn bis 15 Jahren eine hohe Rendite erwarten, investierten Business Angels ihr Geld direkt in das Start-up. Auch die Weitergabe von Erfahrung, Wissen und Netzwerkkontakten seien Bestandteile solcher Investitionen.

Für die Investitionsentscheidung zählten neben tragfähigen Konzepten auch emotionale Faktoren, vor allem Vertrauen. Selbst der Return of Investment schließe Werte wie Freude und Zufriedenheit ein. Lutz Kettners Botschaft an Gründungswillige: „Investieren ist Vertrauenssache. Sucht früh den persönlichen Kontakt zu Business Angels auf den vielfältigen Start-up Veranstaltungen in Berlin, zum Beispiel auch bei den Events des BACB.“

 

KI kann helfen, entscheiden muss immer der Mensch      

Vertrauenswürdige Künstliche Intelligenz, KI, für KMU ist das Thema von Arina Trofimova, COO von DeepFile, einem Unternehmen mit Sitz in Steglitz-Zehlendorf. „Am Megatrend KI kommt niemand mehr vorbei“, so ihre klare Ansage. In ihrer Präsentation zeigt sie, dass Künstliche Intelligenz nach dem Rad, der Glühlampe und dem Internet eine der größten und wichtigsten Erfindungen der Menschheit sei. Dabei solle KI nicht als generelle Lösung von Problemen betrachtet werden, sondern als ein Werkzeug, das man auf dem Weg zu einer Innovation benutzen kann. Letztendlich sei es immer der Mensch, der entscheiden muss. 

KI biete viele Chancen, berge aber auch Risiken: „KI wird gefährlich, wenn sie halluniziert!“ – wenn plausibel klingende, aber frei erfundene Fake-News generiert würden. „Bewahren Sie sich Ihr kritisches Denken, denn dazu ist KI nicht in der Lage“, legt sie den Teilnehmerinnen und Teilnehmern ans Herz. 

Kleinen und mittleren Unternehmen empfiehlt Arina Trofimova einen KI-Check, um zu klären, was genau man von KI erwarte und welche strukturellen, personellen und finanziellen Voraussetzungen dafür erforderlich werden. „Das Onboarding von innovativen KI-Tools kann sich für konservative Unternehmen als schwierig erweisen, deshalb ist es wichtig, vorab klare Anforderungen und Erwartungen zu formulieren, die passenden Tools zu wählen und die Belegschaft entsprechend mitzunehmen, damit sie diese Investition auch effektiv nutzen können“, so die Expertin. 

 

Herausforderungen erkennen, Menschen begeistern

Die von Juri Effenberg, Projektleiter des Regionalinkubators Berlin Südwest, moderierte Diskussion widmete sich im Kern der Frage, vor welchen Hindernissen und Herausforderungen innovative Ansätze in der Wirtschaft stehen und was dafür getan werden kann, neue Denkweisen zuzulassen und Innovationen zu fördern.

Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eines Unternehmens empfänden in vertrauten Strukturen und festgelegten Prozessen persönliche Sicherheit und fühlten sich darin zuhause. Das sei nicht zu unterschätzen, meint Stefanie Schwaß. „Da braucht es einen langen Atem, Geduld, Empathie und niedrigschwellige Anreize. Es muss uns gelingen, Neugierde zu wecken und die Menschen für eine Vision zu begeistern!“ 

Bezogen auf Unternehmerinnen und Unternehmer merkt Arina Trofimova an, dass man Möglichkeiten finden kann, den Zugang zu Innovationen einfacher zu machen. Zum Beispiel könne man die von ihrem Team angebotene Lösung nach dem Prinzip „Software as a service“ nutzen. 

Zudem müssten die Anwendungen möglichst einfach erklärt werden und hätten Low-Risk-Charakter, seien also für das Unternehmen mit einem geringen Risikopotenzial verbunden. „Als Lösungsanbieter wünschen wir uns mehr Sparringspartner – wir befinden uns mit DeepFile aktuell in einer Pilot-Phase für sichere Server-integrierte KI und suchen nach weiteren Unternehmen, die mitmachen wollen!“, appelliert sie.

Eine Slido-Umfrage zu Beginn der Veranstaltung hatte unter anderem das Stichwort „Bürokratie“ als eine Herausforderung hervorgebracht. Der angeregte Meinungsaustausch mündet schließlich in die Feststellung, dass Bürokratie zwar belastend sein könne, aber auch der Garant dafür sei, Entwicklungen in geordnete Strukturen und sichere Bahnen zu lenken.